Still und geheimnisvoll breiten sich riesige Figuren und schnurgerade Linien über eine Fläche von über 500 Quadratkilometern Wüste aus. Im Herzen Perus, nahe der Orte Nasca und Palpa, ist das letzte Geheimnis der rätselhaftesten Anlage der Welt noch immer nicht gelüftet:

Das Geheimnis der Bodenzeichnungen von Nasca.

Der Landstrich um Nasca und Palpa gehört zur Pampa Colorada. Im Osten verläuft die Andenkette, vierzig Kilometer westlich liegt der pazifische Ozean. Während der Eiszeit vor etwa 50 000 Jahren wurden die Andentäler durch starke Niederschläge mit Schotter verfüllt. Daraus bildete sich eine gewaltige Tafellandschaft, in die sich Flüsse bis dreihundert Meter tief einschnitten. So entstand der charakteristische Wechsel vollkommen trockener Hochflächen und grüner Flussoasen. Heute fallen hier weniger als fünf Millimeter Niederschlag jährlich. Reißende Ströme sind zu spärlichen Rinnsalen geworden. Die Hochflächen sind menschenleer und vollkommen vegetationslos.

"Im Verlauf von über 1000 Jahren wurden die Hochebenen zu gestalteten Landschaften. Die Menschen gingen in Gruppen hinauf, um Geoglyphen anzulegen. Baumhoch aufragende Pfosten waren Sichtmarken in der endlosen Weite. Bis zu zwanzig Kilometer lange Linien oder große Flächen freizulegen dauerte Monate, vielleicht sogar Jahre. Schon das Anlegen war vermutlich ein Teil der Zeremonie. An kleinen Sakralbauten, Wendepunkten von Spiralen und an den Enden von Trapezen wurden Muscheln, Perlen, Früchte und Wasser geopfert und Tongefäße zerschlagen. Die Geoglyphen waren Manifestation der Weltsicht und Zeichen der Macht der Menschen der Paracas- und Nasca-Zeit und ihrer Religion."

(Aus "Archäologie ferngesteuert", Viola Zetzsche, Spektrum der Wissenschaft/ Abenteuer Archäologie, 12/ 2005)

Die Nasca haben die formgebenden Linien der Figuren geschaffen, indem sie die helle Wüstenfläche einfach von dunklen Steinen an der Oberfläche beräumten. Sie wussten genau wie sensibel ihr Kunstwerk ist. Einen unbedachten Fehltritt sieht man vielleicht Jahrhunderte lang. Sie müssen immer die gleichen Wege gegangen sein. Um die empfindliche Fläche vor Schaulustigen zu schützen, ließ die deutsche Forscherin Maria Reiche aus Dresden 1976 einen Turm errichten. Da wo er steht, durchschneidet die Panamericana Linien und Flächen und die große Zeichnung eines etwa 1 000 Meter langen Leguans.

Von 400 v. Ch. bis 800 n. Ch. wurden die Bilder in die Wüste gezeichnet. Noch immer ist ihr Zweck nicht vollständig geklärt. Es gibt zahllose Theorien. Danach sollen die Linien und Bodenzeichnungen von Nasca etwa als Sportarena oder als Landebahn für Außerirdische genutzt worden sein. All diese Thesen haben sich bisher nicht beweisen lassen.

"Gerade als die Sonne am Horizont unterging bemerkten wir, dass der Punkt des Sonnenunterganges fast genau über dem Ende einer der langen Linien lag. Es war der 22. Juni, der Tag der Wintersonnenwende und in der südlichen Hemisphäre der kürzeste Tag des Jahres."

Paul Kosok

Maria Reiche hielt die Fläche für eine art Kalender für Aussaat und Erntezeiten. Sie lebte über 50 Jahre in Nasca. Den Mythos der Riesenbilder zu erforschen machte sie zu ihrem Lebenswerk. Sie entdeckte und vermaß über 1 000 Linien und über 50 Figuren in der Wüste. Die Dresdner Wissenschaftlerin hat sich allein mit Maßband und Sextanten Meter für Meter durch die Pampa gearbeitet.Erst die Einbindung moderner Technologien und Methoden in der Archäologie macht die Betrachtung der Bodenzeichnungen in ihrer Gesamtheit möglich und bringt umfassende Hinweise auf Zweck und Entstehung der prähistorischen Anlage. Wissenschaftler erkunden die so genannten Geoglyphen heute mit Hilfe hochauflösender Luftaufnahmen, Laserscanning oder Global Positioning Systems.

"Von Lima, der Hauptstadt, aus holpert der Bus 443 Kilometer Richtung Süden, bis still und öde die steinige Hochebene der Pampa von Nasca auftaucht. Rotbraun leuchten aus Südosten die Vorberge der Anden herüber. Im Norden stürzt das Kerbtal des Ingenio-Flusses 130 Meter in die grüne Tiefe. Wie in einem Kunstband der Moderne liegen riesige Zeichnungen von Menschen, Tieren und Pflanzen in der Wüste im Vorland der Anden. Wie von Riesenhand mit dem Lineal gezogen ziehen sich schnurgerade Striche von Horizont zu Horizont. Als Malgrund dienten über 500 Quadratkilometer öde, baumlose Wüstenflächen. Ihrer Größe wegen kann man viele der Bilder nur aus der Luft erkennen."

Auszug aus der Biographie Maria Reiches: Bilderbuch der Wüste - Maria Reiche und die Bodenzeichnungen von Nasca, Mitteldeutschen Verlag Halle, 2005 und 2016.

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